Thema Eiche

Das Naturschutzgebiet Metzgergraben-Krone, eichenarm durch Holznutzung

Der Rückgang der Eiche durch Buchenkonkurrenz ist für die Forst- und Holzwirtschaft ein Kampfargument gegen einen Nationalpark im Spessart. Schlagworte wie „Ausrottungsprogramm für die Eiche“ machen die Runde.

Wie zum Beweis für die Thesen der Kritiker muss nun sogar das Naturschutzgebiet Metzgergraben-Krone Pate stehen. Laut Informationstafeln der BaySF wird dort angeblich seit 1928 kein Holz mehr eingeschlagen. Deshalb könne man die natürlichen Ablaufprozesse dort sehr gut beobachten. Doch ausgerechnet dieses Naturschutzgebiet liefert eindeutige Beweise dafür, dass es unter dem Zugriff der Forstwirtschaft zu leiden hatte.

Begründung:

  1. Die Zahl der Stöcke von abgesägten Eichen übertrifft die Zahl abgestorbener Eichen (stehend und liegend) um ein Vielfaches und ist nicht widerlegbar. Da nahezu alle Stöcke die übliche Fällungshöhe haben und meist deutlich erkennbare Schnittflächen aufweisen, kann es sich nicht um natürlich abgebrochene und inzwischen vermoderte Bäume handeln.Siehe im Folgenden einige Beispiele für Stöcke abgesägter Eichen im Naturschutzgebiet:

    In dem durch Verordnung der Bezirksregierung vom 16.10.2006 nach Norden erweiterten Teil des Naturschutzgebietes (6,6 ha) ist durch Holzfällung nahezu keine einzige Eiche übriggeblieben. Immerhin nimmt diese Teilfläche 46 % des Naturschutzgebietes ein.

    Im alten, bereits 1928 ausgewiesenen Südteil des Naturschutzgebietes (7,6 ha) gab es von Anfang an weniger Eichen. Nachweisbar ist dies durch heute noch lebende Eichen, durch stehendes und liegendes Totholz und durch die Stöcke abgesägter Exemplare. Wo diese stummen Zeugen fehlen, gab es auch keine Eichen.

    Stichhaltige wissenschaftliche Belege über die Zahl ursprünglich vorhandener Eichen mit exaktem Flächenbezug wurden bisher nicht vorgelegt. In den forstlichen Archiven ist nicht einmal mehr die Naturschutzgebietsverordnung von 1928 auffindbar. Deshalb wäre eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung der beschriebenen Vorgänge wünschenswert.

  2. Sofern die nachweisbaren Eichenfällungen vor Ausweisung des Naturschutzgebietes erfolgt sein sollten, würde dies die Aussage der Schutzgebietsverordnung vom 16.10.2006 in Frage stellen, dass es sich bei diesem Naturschutzgebiet um einen auf spätmittelalterliche Waldbewirtschaftung zurückgehenden Hangwald handelt. Ein solcher Waldtyp, für den ein hoher Eichenanteil geradezu kennzeichnend ist, wäre bei Ausweisung des Naturschutzgebietes schon nicht mehr vorhanden gewesen.
  3. Sofern die Holzerntemaßnahmen nach Ausweisung des Naturschutzgebietes erfolgt sein sollten, wäre dies ein Skandal ersten Ranges. Die Schutzgebietsverordnung erlaubt zwar Schutz- und Pflegemaßnahmen in Abstimmung zwischen der Regierung von Unterfranken und den Bayerischen Staatsforsten, die Fällung von Eichen würde dem Schutzzweck aber eindeutig zuwiderlaufen.
  4. Ungeachtet der vorgenannten Fakten ist der Rückgang der nicht abgesägten Eichen am wenigsten auf die Konkurrenz durch Buche zurückzuführen. Denn für das Absterben der Eichen gibt es weitaus plausiblere Gründe:
    1. Viele Eichen im Naturschutzgebiet sind fast doppelt so alt wie die Buchen und haben ihr natürliches Lebensende erreicht. Untrügliche Anzeichen dafür sind an umgestürzten Eichen zu finden, deren Stamm im Inneren verfault und oft auch hohl ist. In dieser Verfassung fallen die Eichen sehr leicht Stürmen zum Opfer, noch bevor sie ganz absterben.
    2. Blattfressende Schmetterlingsraupen von Frostspanner und Eichenwickler schädigen die Vitalität von Eichen in fast regelmäßigen Abständen. Kommen dann noch Sekundärschädlinge wie der Zweipunktige Eichenprachtkäfer hinzu, bedeutet das in vielen Fällen das Todesurteil für die Eichen. Das Naturschutzgebiet Metzgergraben-Krone ist von ausgedehnten Eichen-Kunstforsten umgeben, die für die Massenvermehrung von Schadinsekten besonders anfällig sind. Während der Einsatz von Insektiziden und die Beseitigung von schädlingsbefallenen Bäumen in derartigen Beständen zur gängigen Forstpraxis gehören, sind diese Maßnahmen im Naturschutzgebiet verboten. Eine höhere Mortalitätsrate im Naturschutzgebiet ist daher die zwangsläufige Folge, aber ein natürlicher Vorgang.
    3. Es gibt innerhalb des Naturschutzgebietes und im gesamten Hochspessart genügend Beispiele dafür, dass Eichen mit völlig freier und gut entwickelter Krone ohne den Einfluss der Buche absterben. Deutlich zu sehen ist dies übrigens auch im Naturwaldreservat Eichhall. Das Naturschutzgebiet Metzgergraben-Krone selbst liefert wenig überzeugende Beispiele dafür, dass alte Eichen im Würgegriff der Buche um ihr Überleben kämpfen.

Zur Geschichte des Naturschutzgebietes

Die Ausweisung des Naturschutzgebietes Metzgergraben-Krone steht im Zusammenhang mit den Schutzbemühungen beim 1. Deutschen Naturschutztag 1925 in München. Damals unterbreitete der Lohrer Arzt Dr. Stadler im Namen von neun fränkischen naturwissenschaftlichen Vereinen und Universitätsinstituten den Antrag, „der Naturschutztag möge die dringende Bitte aussprechen, dass von den unterfränkischen Alteichenbeständen 500 Hektar unter Schutz gestellt werden.“ Die ganze Versammlung stimmte diesem Antrag zu gegen zwei Stimmen der Vertreter der Ministerialforst-abteilung. Deren ablehnende Haltung war ausschlaggebend und führte dazu, dass am Ende nur die beiden Naturschutz-gebiete Metzgergraben-Krone und Rohrberg mit insgesamt 18 Hektar eingerichtet wurden. Für die Bayerische Staats-forstverwaltung waren diese Schutzgebiete von Anfang an ungeliebte Kinder; entsprechend lieblos wurden sie auch behandelt. Dies begann schon mit der Auswahl der Flächen. Im Falle der Waldabteilungen Metzgergraben und Krone wurde für das Naturschutzgebiet ein überwiegend steiler Hang ausgewählt, an dessen unterem Ende auch noch eine Straße vorbei führt. Auf derart schwer zu bewirtschaftenden Flächen konnte man noch am ehesten auf Holzerträge verzichten und sich auf eine Verlegenheitslösung einlassen. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte dürften nach Lage der Dinge überhaupt keine Rolle gespielt haben, da es zur damaligen Zeit noch viele andere und besser geeignete Waldbestände gab. Bei näherem Hinsehen verstärkt sich dieser Eindruck auch.

Das heutige Naturschutzgebiet war im Jahre 1928 der kleine Rest eines alten Waldbestandes, der angrenzend bereits zerstört und in jüngere Eichenforste umgewandelt wurde. Somit war offensichtlich, dass die erheblich negativen Randeffekte typischer Kahlschlagwirtschaft auf das Schutzgebiet einwirken und seine Entwicklung beeinträchtigen. Hinzu kommen Baumfällungen, die wegen der Verkehrssicherung entlang der öffentlichen Straße auch im Schutzgebiet immer wieder notwendig werden.Trotz dieser Nachteile, die durch die isolierte Lage und geringe Flächenausdehnung noch verstärkt werden, hat man genau diesen Baumbestand ausgewählt und konnte sich nicht einmal durchringen, die gesamte Altholzinsel auf einmal unter Schutz zu stellen. Es mussten weitere 78 Jahre vergehen, bis das Naturschutzgebiet auf den gesamten Altbestand erweitert wurde. Naheliegender Grund für diesen Aufschub war zweifellos die Tatsache, dass der damals ausgesparte Teil des heutigen Naturschutzgebietes noch sehr viele Alteichen enthielt, deren Nutzung man sich nicht entgehen lassen wollte. Den Beweis dafür liefern rund 100 deutlich sichtbare Stöcke abgesägter Eichen in diesem erweiterten Teil des Naturschutzgebietes.

Ein Eingriff der besonderen Art fand im Jahr 2010 statt, als wegen Verkehrs-sicherungsmaßnahmen entlang der öffentlichen Straße sogar Bagger zum Einsatz kamen. Quer durch das Schutzgebiet wurde ein Erdweg ausgebaut, der es Rückemaschinen mit Seilwinden erlaubte, die zu fällenden Bäume vor dem Sturz auf die Straße zu sichern. Auf technisch mögliche Alternativen, die den Ausbau des Rückeweges vermieden hätten, wurde aus wirtschaftlichen Gründen verzichtet (siehe nachfolgendes Foto).

 Wegebau im Naturschutzgebiet Metzgergraben-Krone im Jahr 2010

Gezielte Desinformation

Die Geschichte des Naturschutzgebietes Metzgergraben-Krone ist symptomatisch für den Umgang der Forstwirtschaft mit den alten Eichen im Hochspessart. Nicht die Buche, sondern wirtschaftliche Ausbeutung haben die einst ausgedehnten Alteichenbestände an den Rand der Ausrottung gebracht. Nun benutzen Forstleute ausgerechnet ein Naturschutzgebiet, um in Wort und Schrift den Rückgang der Eiche durch Buchenkonkurrenz zu beklagen. Die erdrückenden Fakten und Hintergründe zur unrühmlichen Forstgeschichte dieses Schutzgebietes werden verschwiegen und stattdessen Informationstafeln mit dem Hinweis aufgestellt, dass im gesamten Naturschutzgebiet seit 1928 keine Holznutzung mehr stattgefunden hätte. Damit stehen die Forstleute von heute in der guten Tradition ihrer Vorgänger von 1925, deren Ziel es schon damals war, Naturschutzgebiete zu verhindern. Es ist an der Zeit, dass die handgeschnitzten Schilder des Forstbetriebes Rothenbuch durch amtliche Schilder für Naturschutzgebiete ausgetauscht werden und die Bevölkerung wahrheitsgemäß informiert wird.

Der Bezug zum FFH-Gebiet Hochspessart

Dieses Naturschutzgebiet liegt im „FFH-Gebiet Hochspessart“ und ist damit Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA 2000. Folgerichtig legt die Naturschutzgebietsverordnung auch fest, dass neben der Erhaltung der im Schutzgebiet noch vorhandenen Eichen eine natürliche Sukzession in Richtung Hainsimsen-Buchenwald zugelassen werden soll. Unter den hier gegebenen Standortsverhältnissen an einem kühlen Osthang laufen die dynamischen Prozesse zwangsläufig auf einen fast reinen Buchenbestand hinaus. Dass auch die Eichen des Naturschutzgebietes einmal das Zeitliche segnen, ist ein natürlicher Vorgang.

Fazit

Das Naturschutzgebiet Metzgergraben-Krone ist als Beispiel für den natürlichen Rückgang der Eiche durch Buchen-konkurrenz denkbar ungeeignet. Die meisten Eichen sind der Säge zum Opfer gefallen.

Abgesehen davon geht es im FFH-Gebiet Hochspessart ebenso wie in diesem Naturschutzgebiet um die Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes der Hainsimsen-Buchenwälder und nicht darum, möglichst hohe Eichenanteile zu sichern. Diese Zielsetzung beruht auf europäischer und nationaler Gesetzgebung und sollte respektiert werden.