Pressemitteilung – Exkursion der FdS ins „Urwaldparadies im Nordspessart“ am 15.8.21

Sehr gut besucht war die Exkursion der Freunde des Spessarts. Mehr als 50 Personen nahmen an der Wanderung teil und staunten über die urwaldartigen Strukturen, die sich in der Waldabteilung „Spielplatz“ zwischen Heinrichsthal und Habichsthal noch erhalten haben.

Diplom Forstwirt i.R. Joachim Kunkel führte die Wanderung und klärte auf, wie es dazu kommen konnte: Der vormalige Revierleiter hatte die naturschutzfachlich hohe Wertigkeit des Gebietes bereits erkannt und daher in den letzten 30 Jahren dieses Gebiet bei der forstwirtschaftlichen Nutzung möglichst außen vor gelassen. So wurde das Gebiet, das aktuell keinen Schutzstatus besitzt, immer wertvoller für den Natur- und Artenschutz.

(Fotos: Helmut Sieger, Josef Wengerter, Bernd Kempf)

Mit dem Ruhestand des Revierleiters wurde „diese Tradition“ nun unterbrochen und in dem Gebiet sollten umfangreiche Fällmassnahmen durchgeführt werden. Schließlich weist das Gebiet viele „erntereife“ sehr alte Eichen auf. Nicht nur diese Fällungen, auch die Anlage der dazu nötigen Rückegassen, der zahlreiche Biotopbäume und stehendes Totholz zum Opfer gefallen wären, hätten den Charakter dieses Waldes sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Zum Glück haben die „Freunde des Spessarts“ die Farbmarkierungen, die vor dem Beginn solcher Arbeiten angebracht werden, rechtzeitig entdeckt und haben sich sofort an den zuständigen Forstbetriebsleiter von Heigenbrücken, Herrn Schwarz gewandt. Herr Schwarz hatte bei einem Ortstermin dann bald ein offenes Ohr für die Bedenken der Naturschützer und hat zugesagt, dass die Arbeiten hier nicht ausgeführt werden. Diese Haltung der BaySF wurde von allen Exkursionsteilnehmern positiv begrüßt, wenn auch etwas Erstaunen mitschwang, dass die Förster nicht selber schon diese Wertigkeit erkannt und gewürdigt haben. Hier mag sich ein gewisser Schulungsbedarf des Personals andeuten, wie Sebastian Schönauer, Mitglied im Vorstand der FdS, meinte.

Wichtig ist aber erst einmal, dass das Gebiet vorerst gerettet ist und sich weiter Richtung „Urwald“ entwickeln darf. Schon jetzt stellt dieser Wald in seiner ökologischen Wertigkeit das wertvollste Gebiet im ganzen Nordspessartwald dar, wie Hartwig Brönner, Waldexperte des LBV, feststellt. Gemeinsam wollen BaySF und der Naturschutz nun versuchen, einen dauerhaften Schutz zu erzielen. Bernd Kempf, Vorsitzender der FdS, begrüßt diesen gemeinsamen Ansatz: „Wenn ein Waldgebiet Bayerns weitere Naturwälder verdient hat, dann ist dies der Spessart!“

Ist doch ausgerechnet der Spessart, das größte zusammenhängende Laubwaldgebiet des Freistaates, hier deutlich unterrepräsentiert. Der bayrische Spessart weist 108.000 ha Wald auf. Mehr als 70% davon sind öffentliche Wälder, (Staatswald = 42.000 ha und Kommunalwald mit über 30.000 ha). Aktuell sind davon lediglich knapp 2000 ha als Naturwälder ausgewiesen, bezogen auf die öffentlichen Wälder sind dies also noch nicht mal 3%. Auch wenn man nur die 42.000 ha Staatswald zu Grunde legen würde, würde man noch unter 5% landen. Außerdem befindet sich der weitaus größte Teil davon im Forstbetrieb Rothenbuch. Der Forstbetrieb Heigenbrücken hat bisher nur sehr wenig Naturwaldflächen. Insofern sollte man hier um jeden zusätzlich geschützten ha Naturwald froh sein.
Von politischer Seite wird gerne darauf verwiesen, dass Bayern insgesamt bereits 10,8% seiner Staatwälder aus der Nutzung genommen habe, hier also kein Handlungsbedarf mehr besteht. Bernd Kempf mag dieser Argumentation so nicht folgen:

Die 10% an „nutzungsfreien Wäldern“ wurde auch dadurch erreicht, in dem man im Alpenraum viele Latschenwälder als „nutzungsfrei“ und damit als „Naturwald“ proklamiert hat. Ich möchte den naturschutzfachlichen Wert solcher Vegetationszonen nicht in Frage stellen, aber das waren nie Wälder in Nutzung, da solche „Krüppelkiefern“ = Latschen nicht wirtschaftlich genutzt werden können. Also sollte man sie fairerweise auch nicht zu den nutzungsfreien Naturwäldern als „Zählkandidaten“ dazu nehmen. Und Nordbayern mit Spessart und auch Steigerwald haben schon mal gar nichts von diesen Flächen. Der Spessart hat es verdient, dass ebenfalls mindestens 10% seiner öffentlichen Waldflächen der Natur zurückgegeben werden. Dieser Begriff passt wesentlich besser als das despektierliche „Stilllegen“.