Leserbrief von Sebastian Schönauer – FdS-Vorstandsmitglied – zum Main Echo- Bericht vom 9./ 10. September 2023 „Würde Biosphärenreservat absolut befürworten“

„Ein Biosphärenreservat Spessart sei durchaus möglich“, meinte Ministerin Michaela Kaniber bei ihrem Wahlkampfauftritt in Esselbach und hält bei einem weiteren Besuch in Weibersbrunn ein Biosphärenreservat für eine »wunderbare Komponente für den Spessart«.

Ja, sie muss es ja wissen, denn sie selbst lebt in einem solchen, nämlich im „Biosphärenreservat Berchtesgadener Land“, das bereits seit 1990 besteht, im Juni 2010 auf 840 Quadratkilometer (84000 ha / ähnlich wie im Spessart) erweitert wurde und nun den gesamten Landkreis Berchtesgadener Land umfasst. Eine Erfolgsgeschichte also. Dort heißt es stolz „Die Biosphärenregion Berchtesgadener Land gehört damit zu einem weltumspannenden Gebietssystem, das sämtliche Landschaftstypen der Welt beispielhaft abbildet, hier den Ausschnitt einer Natur- und Kulturlandschaft im Alpenraum“.

Dort ist also die Bevölkerung stolz auf „ihr“ Biosphärenreservat. Und ein solches wäre auch „für den Spessart ein Aushängeschild“ wie Frau Kaniber dem Main Echo gegenüber betont hat. Und sie würde sogar „ein Biosphärenreservat im Spessart absolut befürworten“. Schnell fügte sie aber „Wahlkampfschlau“ hinzu, „ob das Biosphärenreservat jedoch kommt oder nicht, entscheiden die Spessarter selbst«, obwohl sie weiß, dass sich in Umfragen die Mehrheit der Bevölkerung in Bayern für weitere Naturwaldausweisungen und im Gesamtspessart für ein Biosphärenreservat ausgesprochen hat. Hier beginnt wieder einmal das politische Verwirrspiel der CSU.

Denn mit diesem „Zusatz“ sollen wohl die Gegner eines Biosphärenreservats auf eine Stimmabgabe bei der Landtagswahl für die CSU eingeschworen werden. Was offenkundig auch ihr Regierungspartner von den Freien Wählern beabsichtigt, wie allerdings auch die AfD, bei deren Protestzügen sogar Plakate mit Slogans wie „Der „Klimaschutz“ geht uns am Arsch vorbei! – Wir wollen Wohlstand“ mitgeführt werden. Spannend, wer hier mehr dieser Stimmen bekommen wird.

Wenn es Frau Kaniber als verantwortliche Fachministerin ehrlich meint mit der Aussage „(sie) würde ein Biosphärenreservat im Spessart absolut befürworten“, dann sollte sie bitte den Menschen bei ihren Wahlkampfbesuchen im Spessart die Vorteile schildern, die ihr in ihrer Heimat persönlich und den Menschen in „ihrem“ Biosphärenreservat Berchtesgadener Land zuteilwerden. Was soll das ständige Jammern über angeblich zu viele Waldnaturschutzgebiete in diesen Zeiten des Klimawandels?

Bayernweit sind derzeit erst 10,8% der Staatswälder als Naturwaldbereiche ausgewiesen. Warum zumindest in den großen Privatwaldgebieten (z.B. der Adelshäuser) keine Naturschutzflächen ausgewiesen werden müssen, sollte endlich im Parlament offen diskutiert werden. Ganz offenbar spricht sich die Bevölkerung Bayerns bei repräsentativen Umfragen für mehr dieser Wald- Naturoasen aus. Eine Auswertung der Freunde des Spessarts (FdS)1 zeigt, dass die Gesamtfläche aller Naturwälder im Spessart (oft kleiner als 1 Hektar) sogar nur ca. 4,7% der Staatswaldfläche beträgt.

Zur Klarstellung: Wie in anderen Naturschutzgebieten oder Nationalparken werden im Übrigen keine „Wälder stillgelegt“, sondern dort werden „lediglich“ etwas mehr Waldnaturschutzflächen geschaffen, in denen die Säge schweigt und die Natur, die Bäume, Pflanzen und Tiere „das Sagen haben“.

Es ist höchste Zeit dazu!

Sebastian Schönauer

Rothenbuch

Gesendet am 12. September an: Main Echo

Veröffentlicht im Oktober 2023 in: Main Echo