Naturwaldausweisungen in den bayrischen Staatswäldern – der Spessart geht (bisher) leer aus

Liebe Vereinsmitglieder der Bürgerbewegung Freunde des Spessarts (BB FdS), Liebe Unterstützer unseres Vereins!

Dieser Newsletter konzentriert sich auf einen Punkt:

Am 29. Mai hat die bayrische Staatsregierung, nach langem Zögern, einige Naturwaldbereiche in Bayern ausgewiesen, die als Resultat aus dem erfolgreichen Volksbegehren zum Schutz der Artenvielfalt (Rettet die Bienen) bereits für 2019 zugesagt waren /1/. Die Bewertung für ganz Bayern wurde bereits in einer Pressemitteilung des BN durchgeführt, der wir uns inhaltlich voll anschließen können /2/.

Für uns im Spessart ist die bisherige Mitteilung eine einzige Enttäuschung: Der Spessart findet in der Verlautbarung noch nicht einmal eine Erwähnung! Kein einziger zusätzlicher Hektar Naturwald im Spessart, der mit das größte Naturpotential aller Laubwälder in ganz Bayern besitzt und der explizit im Rahmen des Runden Tisches erwähnt wurde als eine der Waldregionen in denen ein 500-2000ha großer Naturwaldbereich eingerichtet werden soll. Wir freuen uns mit den anderen Regionen in Bayern, die nun in den Genuss von „Naturwald-Paradiesen“ kommen. Aber es ist nicht akzeptabel, dass ausgerechnet der Spessart weiterhin fast auf seiner kompletten Waldfläche nur als „Holz-Fabrik“ herhalten soll! Das hat der Spessartwald nicht verdient und auch nicht seine Bewohner und die des Umlandes, die den Spessart gerne besuchen. Was denken eigentlich unsere Landtagsabgeordneten aus der Region, dass sie so was durchgehen lassen? Wir werden sie fragen!

Wir haben bereits mit dem zuständigen Landwirtschaftsministerium telefoniert und unsere Enttäuschung ausgedrückt. Dabei haben wir zumindest erfahren, dass die Ausweisung von Naturwaldbereichen noch nicht abgeschlossen sein soll. Wir bauen fest darauf, dass der Spessart hier noch gebührend berücksichtigt wird und haben dies in einer ersten Mail dokumentiert. Weitere Aktionen von unserer Seite werden folgen, so lange bis auch der Spessart echte Waldwildnis auf ausreichend großen Flächen zugestanden bekommt. Mehr als 40.000ha groß ist die Staatswaldfläche im Spessart, eine der größten Waldflächen überhaupt. Niemand kann daher sagen, dass hier kein Platz für Natur und Artenvielfalt wäre. Um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, haben die Freunde des Spessarts gemeinsam mit vielen anderen Naturschutzverbänden bereits im Januar einen Brief an Ministerpräsident Söder geschrieben. Hier werden kurz- und langfristige Perspektiven für den Spessart und die umliegenden Regionen skizziert. Erstmals haben wir dabei auch den Begriff „Biodiversitätsmodellregion“ für den Spessart verwendet, den die  Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina geprägt hat. (siehe Anmerkung unten)

Wollen Sie selber aktiv werden und uns unterstützen?

Drei Dinge können Sie mit ganz wenig Aufwand machen:                        

(1) Unterstützen Sie uns mit ihrer online-Unterschrift. Unser Erfolg, das Eichenzentrum im Hafenlohrtal zu verhindern, war ganz wesentlich dadurch begünstigt, dass wir viele tausend Unterschriften gegen dieses unsinnige Projekt sammeln konnten. Viele der Unterschriften wurden von Euch online bei uns abgegeben. Das machen wir jetzt wieder! Hier geht’s zur online-Unterschrift. (Man kann die Unterschriftsliste auch als pdf herunterladen, ausdrucken und Unterschriften sammeln – hier!)

(2) Machen Sie Werbung für den Spessart, in dem Sie online Ihre Stimme im „European Natura 2000 Award“ für ein Beispiel aus dem Spessart abgeben: Die Hochschule Weihenstephan veranstaltet seit vielen Jahren im Spessart und im Stadtwald Lohr Untersuchungen und gibt dort Unterstützung für Naturschutzprojekte. Dieses Projekt hat es nun in die Endausscheidung im „European Natura 2000 Award“ geschafft. Die Abstimmung erfolgt online. Hier kommen Sie zu einer kurzen Beschreibung des Projektes auf Englisch. Direkt in der Mitte der Seite gibt es einen gelben Kreis mit „Vote“ – hier klicken. Zur Abstimmung muss man sich mit email-Adresse registrieren, damit man dann noch eine Bestätigungsmail für einen 2. Klick erhält. Nur dann gilt die Abstimmung.

(3) Schreiben Sie eine kurze E-Mail an die zuständigen Minister (Kaniber und auch Glauber) und an unsere regionalen Abgeordneten – am besten in eigenen Worten. Sie können aber auch gerne dem  Textvorschlag folgen, den ich ich unten eingefügt habe (ebenso die E-Mail-Adressen der o.g. Personen)

Textvorschlag für eine Mail an die zuständigen Minister und die Abgeordneten der Region in und um den Spessart:

Betreff: Warum geht ausgerechnet der Spessart leer aus bei der Ausweisung von Naturwaldgebieten in Bayern?

Sehr geehrte  Frau Ministerin Kaniber, sehr geehrter Herr Minister Glauber, sehr geehrte Abgeordnete aus der Region in und um den Spessart,

Ende Mai hat die bayrische Staatsregierung einige Naturwaldgebiete in Bayern ausgewiesen, so wie es bei den Gesprächen am „Runden Tisch“ vereinbart worden war. Wir freuen uns über diese Maßnahmen, die der Artenvielfalt zu Gute kommen wird. Wir sind aber sehr enttäuscht, dass ausgerechnet der Spessart hierbei nicht berücksichtigt wurde.

Wir bitten Sie dringend, auch im Spessart ausreichend große Naturwaldgebiete einzurichten. Eine entsprechende Presseerklärung haben viele Naturschutzverbände in diesem Zusammenhang eben abgegeben. https://www.freunde-des-spessarts.de/news/pressemitteilung-spessart-geht-bei-den-bayerischen-naturwaldausweisungen-leer-aus/

Setzen Sie sich bitte für die Natur und die Artenvielfalt im Spessart ein, indem Sie auch dort kurzfristig ausreichend große Waldgebiete als Naturwald ausweisen. Langfristig sollte nach wie vor das Ziel angestrebt werden, im Spessart einen Nationalpark oder ein Biosphärenreservat mit ausreichend großen Waldflächen unter Prozessschutz einzurichten. Keine Waldregion in ganz Deutschland hat wie der Spessart das Potential ein Naturparadies für Millionen von Menschen zu werden. Dies liegt an seiner Lage im Herzen Deutschlands vor den Toren der Rhein-Main-Metropole und nicht weit entfernt von weiteren Ballungsräumen. (siehe dazu auch das Schreiben der Naturschutzverbände an Ministerpäsident Söder https://freunde-des-spessarts.de/wp-content/uploads/2020/06/2020-1-15-Spessart-NW-konzept-Brief-an-MP-S%c3%b6der-Final-final_BK.pdf

Mit freundlichen Grüßen ….

Die E-Mail-Adressen unten habe ich über die offizielle Website  des Bay. Landtages eruiert.  https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/

Es sollte genügen, dass sie diese einfach kopieren und in die Adresszeile ihrer E-Mail einfügen.

kontakt@michaela-kaniber.de; thorsten.glauber@fw-landtag.de; info@winfried-bausback.de; judith.gerlach@csu-mdl.de; info@berthold-rueth.de; buero@thorsten-schwab.de; gerald.pittner@fw-landtag.de; anna.stolz@fw-landtag.de; martina.fehlner.sk@bayernspd-landtag.de; volkmar.halbleib@bayernspd-landtag.de; kerstin.celina@gruene-fraktion-bayern.de; patrick.friedl@gruene-fraktion-bayern.de;

helmut.kaltenhauser@fdpltby.de;

(von Hrn. Knoblach, Grüne konnte ich keine E-Mail-Adresse ausfindig machen)

Anmerkung:

Liebe Freundinnen und Freunde des Spessarts:

Zum Thema der Biodiversitätsmodellregion hat sich die Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina Ende Mai geäußert in einem Memorandum zur „Globalen Biodiversität in der Krise: Was können Deutschland und die EU tun“. Vielleicht habt Ihr ja auch den Spiegelartikel dazu gelesen (Ausgabe Nr. 22, 23.5.2020)

Hier einige Auszüge von dem, was die Wissenschaftler für notwendig halten, ungeachtet des politischen Durchsetzungswillens und- vermögens. Die EU will ja 30% Schutzgebietsfläche für die nächste Biodiversitätskonventionsverhandlung COP 15 einbringen. Diese Fläche (in Deutschland wären das 106000 km²) muss erst einmal her.

Kapitel Schutzgebiete

"6. Vereinheitlichung der Schutzbestimmungen/Verordnungen für Naturparke und Biosphärenreservate (vgl. Kap. 8.11) unter dem Arbeitstitel „Biodiversitätsmodellregionen“ und Stärkung der Gebiete durch folgende Maßnahmen: (a) Erhöhung des Anteils an NSG und Natura‐2000‐Gebieten auf mindestens 33 Prozent der Fläche (derzeit durchschnittlich 23 Prozent), davon mindestens 10 Prozent der Fläche als Prozessschutzgebiete, (b) auf weiteren 30 Prozent der Landwirtschaftsflächen Implementierung einer an den Biodiversitätszielen ausgerichteten Bewirtschaftung nach IUCN‐Kategorien IV–V, finanziell/strukturell bereitgestellt durch Kumulierung ökologischer Vorrangflächen (ÖVP), EU‐Strukturfonds, Vertragsnaturschutz und Kulturlandprogramme (vgl. oben, Kap. 7.10 und 7.12), (c) Fokusregionen für Vertragsnaturschutz und ökologische Vorrangflächen, (d) Ausstattung mit durchschnittlich 10 bis 20 Vollzeitpersonalstellen pro Park (europäisches Mittel = 6,5 Stellen, Frankreich bis zu 30) und ausreichenden zusätzlichen Finanzmitteln (s. o.)."

"7. Ausweitung der Nationalparkflächen auf 1 Prozent der Landfläche (derzeit 0,6 Prozent) mit 75 Prozent nutzungsfreier Schutzfläche (IUCN‐Vorgabe), unter anderem auf der Grundlage von bereits ausgearbeiteten Konzepten (z.  B. Rhön, Steigerwald, Spessart, Donauauen, Ammergebirge). Zusätzliche Ausweisung von Wildnisgebieten auf 2 bis 3 Prozent der Landesfläche (gemäß der nationalen Biodiversitätsstrategie), bevorzugt in Naturparken bzw. Biodiversitätsmodellregionen."

Kapitel Wälder

"4. Vergrößerung der nutzungsfreien Waldfläche in Deutschland von geplanten 5 auf 10 Prozent bis 2030; was angesichts der Tatsache, dass über 40 Prozent des in Deutschland geernteten Holzes zu Energiezwecken verbrannt wird (vgl. unten, Kap. 7.8), vertretbar ist. Langfristig sind 20 Prozent nutzungsfreier Wald anzustreben, um den Waldbiota ein Überleben im Klimawandel zu ermöglichen."

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bernd Kempf

1. Vorsitzender Bürgerbewegung Freunde des Spessarts

Bürgerbewegung Freunde des Spessarts e.V.
Riemenschneiderstr. 38, 63839 Kleinwallstadt
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