Pressemitteilung der Freunde des Spessarts vom Juni 2018 zum geplanten Eichenzentrum

 

Die folgende Pressemitteilung zum geplanten Eichenzentrum im Hafenlohrtal wurde im Juni 2018 an die beiden Tageszeitungen Main Post und Main Echo versendet. Im Main Echo erschien eine verkürzte Version, in der Main Post wurde diese nahezu vollständig wiedergegeben, Abonnenten von letzter können den Artikel dazu auf der Webseite der Main Post einsehen.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie im Folgenden:

 

Die Freunde des Spessarts lehnen das geplante Eichenzentrum ab – Kosten und Nutzen stehen in einem unguten Verhältnis!

Wie kürzlich der Presse zu entnehmen war, werden die Kosten für das geplante Eichenzentrum im Hafenlohrtal inzwischen auf mehr als 26 mio € geschätzt, anstelle der ursprünglich veranschlagten 12 mio €. Wir FdS stehen Bildungseinrichtungen zu Natur- und Umweltschutzthemen grundsätzlich positiv gegenüber, so Prof. Burkhard Büdel, Fachmann für Pflanzenökologie und Vorstandsmitglied der FdS. Herausragende Beispiele sind hierfür das „Haus der Berge“ im Berchtesgadener Nationalparkzentrum oder das „Hans-Eisenmann-Haus“ im Nationalpark Bayrischer Wald. Beim Eichenzentrum kann man dagegen nur von einer „Themaverfehlung“ sprechen. Schließlich soll die Einrichtung ja mit den Geldern gebaut werden, die ursprünglich einmal für eine „substanzielle Aufwertung des Naturschutzes“ im Spessart vorgesehen waren.

Das Eichenzentrum kann diese Aufgabe aus mehreren Gründen nicht erfüllen! Zunächst gibt es bisher im Spessart fast keine Waldflächen, die wirklich der Natur überlassen sind. Offiziellen Schutzstatus haben lediglich ca 400ha – eine traurige Minimalzahl bei mehr als 100.000ha Waldfläche im Spessart, von denen noch dazu 42.000ha dem bayrischen Staat selber gehören. Das ist wie eine „gute Flasche“ Wein, der man zwar ein nettes Etikett verpasst, aber die Füllung vergessen hat (Heidi Wright, 2. Vorsitzende der FdS). Naturschutz muss immer auf der Fläche stattfinden, das kann nicht in Gebäuden alleine funktionieren. Die Fokussierung auf das Thema Eichenwirtschaft ist damit zwar in gewisser Hinsicht konsequent, macht die Sache aber für die Natur nicht besser. Im Fokus der Eichenwirtschaft stehen nämlich nicht die „alten, trutzigen Eichen“, die im Spessartlied besungen werden. Zielsetzung sind makel-, aber damit auch charakterlose Eichenstämme, die „jung“ geerntet werden müssen, um ihrer industriellen Bestimmung optimal zu dienen. Dickendurchmesser von 50-60cm sind hier die Regel. Wirklich alte trutzige Eichen haben mehr als das Doppelte und sind nicht nur 200 sondern 600 und mehr Jahre alt. Wer sich ein eigenes Bild von diesen Bäumen machen will, der schaue sich das Sägewerk links der Straße zwischen Rück und Elsenfeld an. Es verarbeitet fast ausschließlich solche Eichen. Zu hunderten, wenn nicht tausenden kann man solche Stämme hier liegen sehen. Ein Gewinn für die Holzindustrie, aber nicht für die Natur.

Es ist nicht nur das Problem, dass diese Bäume viel zu jung geschlagen werden müssen, als dass sie einer breiten Artenvielfalt Heimstatt geben könnten, nein, auch die Methoden wie solche Bäume gezogen werden, sind oft nachteilig für unsere Natur, so Michael und Pia Kunkel, Vorstandsmitglieder der FdS. Sie haben die Problematik in einer sehr lesenswerten Dokumentation „Die bittere Wahrheit über die Eichenwirtschaft im Spessart“ zusammengestellt. Mit einer Suchmaschine lässt sich der Beitrag dieses Titels leicht im Internet finden.

Wir stehen ausdrücklich zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft im Spessart und erkennen die Leistung der Förster an, so Bernd Kempf, 1. Vorsitzende der FdS. Aber diese Nutzung darf nicht auf nahezu 100% der Waldfläche erfolgen. Wir müssen ausreichend große Waldflächen an die Natur zurückgeben und damit sich selber überlassen. Dass die Natur selber ein „guter Förster sein kann“ hat sie ja in den letzten mehr als 100 mio Jahren seit es Wälder gibt, sehr gut bewiesen. Ich möchte hier an die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung erinnern, die vorsieht, dass 10% der Wälder im öffentlichen Eigentum aus der Nutzung genommen werden sollen. Waldstilllegung ist hier aber eindeutig das falsche Wort. Still legen kann man eine Holzfabrik, die Natur dagegen explodiert förmlich, wenn man sie sich selbst überlässt.

Peter Englert, ebenfalls Mitglied des Vorstandes der FdS sieht noch einen weiteren Punkt, der ihn beim Eichenzentrum mit Sorge erfüllt. „Das ist die falsche Einrichtung am falschen Platz“ meint er. Warum soll man eine Tagungsstätte mit 35 Übernachtungsplätzen ausgerechnet in das bis jetzt so ruhige und idyllische Hafenlohrtal setzen. Es gibt im Spessart mehr als genug Hotels und Gasthöfe mit Seminarräumen und nicht ausgelasteten Übernachtungskapazitäten. Muss denen jetzt ausgerechnet mit einem staatlich finanzierten Objekt noch zusätzlich Konkurrenz gemacht werden. Er sieht hier einen nicht auflösbaren Interessenswiderspruch und glaubt nicht an die Versprechungen, dass man sowohl die Ruhe im Hafenlohrtal bewahren und trotzdem ein ausreichend genutztes Eichenzentrum realisieren kann. „Ein Investitionsprojekt von fast 30 mio € schreit nach ausreichender Nutzung. Klappt das, dann haben wir im Hafenlohrtal einen Rummelplatz, klappt das nicht, dann haben wir eine Investitionsruine“

Nikolaj Fiederling, Schriftführer bei FdS warnt auch vor der überzogenen Eile bei der Realisierung eines Eichen- oder sonstigen Naturinformationszentrums. Die anstehende Landtagswahl ist kein Grund, nun Hals-über-Kopf viele Millionen in ein zweifelhaftes Projekt zu verbraten. Er empfiehlt, auf die richtige Reihenfolge zu achten. Nachdem die Politik es zunächst nicht geschafft hat, auch den Franken einen Nationalpark zu gönnen, sollte geprüft werden, auf welchen Wegen man sonst im Spessart zu ausreichend großen Naturwaldflächen kommt. Hierzu bietet sich das Alternativkonzept an, das alle Umweltverbände gemeinsam im Dez. 2017 ausgearbeitet haben, nachdem die Staatsregierung den Nationalpark vorerst zu Grabe getragen hat. Hat man hier ein grobes Konzept in Übereinstimmung mit der Bevölkerung Frankens erarbeitet, so wird es viel einfacher sein, sowohl Ort wie auch Themenschwerpunkte eines Natur-Informationszentrums zu definieren. Ohne Zweifel wird dann auch die Spessarteiche hier ihren gebührenden aber nicht dominierenden Platz einnehmen.

Dr. Bernd Kempf
1. Vorsitzender BBFdS (Bürgerbewegung Freunde des Spessarts)
Riemenschneiderstr 38
63839 Kleinwallstadt
Bernd-kempf@live.com